14. Jan. 2010

Basler Zeitung

Menschenrechte als Seele


Von Andreas Gross

Das Bewusstsein des Scheiterns und die Einsicht auch ins eigene Versagen prägte die Mentalitäten der Pioniere der europäischen Integration nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Deshalb war ihnen der zukünftige absolute Schutz der Menschenwürde so zentral.

So wurden die Menschenrechte, deren Kern die Achtung der Menschenwürde ist, die Seele des Europarates. Er schuf 1950 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und in Strassburg den Gerichtshof, der sie für jeden Bürger Europas auch gegenüber jeglicher staatlicher Macht in einzigartiger Weise schützt.

Die Schweiz ratifizierte die EMRK erst 1974. Ist es Zufall, dass gerade jetzt, da die Schweiz zum fünften Mal den Europarat präsidiert, nach der Abstimmung über die Minarett-Initiative und anfangs der Woche im Zürcher Kantonsrat das Primat der Menschenrechte vor jeder Mehrheitsentscheidung von vielen heftig bestritten wird? Kaum. Ohne unmittelbare Katastrophenerfahrung zu lernen ist eben anspruchsvoll. Es benötigt auf jeden Fall mehr Zeit. Richtig bleibt es aber dennoch. Denn ein Lernen aus der Nächsten Katastrophe wäre auch uns versagt.


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