28.03.2006

Vorwort des Präsidenten der ER-Delegation zum Jahresbericht z.Hd. der Eidg. Räte

Terror und Terroristen können nicht mit Mitteln bekämpft werden, welche die Grundwerte der Demokratie und des Rechtsstaates ausser Kraft setzen

Im vergangenen Jahr gelang es dem Europarat wie kaum je zu vor, ganz wesentliche Fragen der Politik der kommenden Jahre in der europäischen Öffentlichkeit zu thematisieren. Es seien hier nicht ganz zufälligerweise nur drei von ihnen besonders betont:

Der Europarat schaffte es, auch einer grösseren Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass Terror und Terroristen nicht mit Mitteln bekämpft werden können, welche wesentliche Grundwerte der Demokratie und des Rechtsstaates ausser Kraft setzen. Wer dies dennoch tut, hat gegenüber dem Terror bereits kapituliert und das geopfert, was auch Terroristen ignorieren: Dass kein Zweck alle Mittel heiligt und die Demokratie und die Freiheit nicht mit undemokratischen Mitteln erreicht, beziehungsweise verteidigt werden können.

Zweitens vermochte die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit eindrücklichen Berichten auf eines der schlimmsten Verbrechen unserer Zeit aufmerksam zu machen und dessen soziale und wirtschaftliche Hintergründe auszuloten: Der Handel mit Frauen, Kindern und menschlichen Organen aus den ärmsten Ländern Mittel- und Osteuropas in die reichen Zentren des Westens. Ein Verbrechen, das die Würde aller Beteiligten untergräbt und deutlich macht, wie nötig ein Ausgleich der Lebenschancen ist, ohne den den Menschenrechten auch in Europa nicht Nachachtung verschafft werden kann.

Drittens brachte der Europarat in den vergangenen Monaten nicht nur seine weiche Macht in Bezug auf die Prävention von Gewalt zu, Ausdruck, sondern illustrierte auch am Beispiel Tschetscheniens, dem Ort in Europa, an dem Menschenrechte und Demokratie am wenigsten geachtet und am meisten ignoriert werden, dass parlamentarische Diplomatie etwas erreichen kann, was Regierungen und Diplomaten mit den Zwängen ihrer Kultur weniger zustandebringen können.

Alle drei Aufgaben gleichen missions impossibles. Alle drei scheinen mehr Zweifel und Verzweiflung hervorzurufen als Aussicht auf Besserung. Und dennoch - oder gerade deswegen - hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates damit mit Erfolg drei Mitglieder der Schweizerischen Bundesversammlung betraut, was für die Potentiale und vor allem für den Respekt spricht, welcher der Arbeit schweizerischer ParlamentarierInnen in Strassburg entgegengebracht wird.

Im vergangenen Winter wurde dann auch in einer Untersuchung ganz offiziell bestätigt, dass die schweizerische parlamentarische Delegation in Strassburg zusammen mit derjenigen aus Grossbritannien zu den fleissigsten und engagiertesten aller 46 Mitgliedstaaten des Europarates gehört.

Dies stellt uns nicht zufrieden. Es ist bloss wert, dass es innerhalb und ausserhalb des Bundeshauses bekannter wird. Und zweitens verstehen wir es als Verpflichtung, so weiter zu wirken und wenigstens in Strassburg zu illustrieren, wie viel europäische Potenziale die Schweiz hat und wie viel auch Menschen aus einem geografisch kleinen, aber in sich selber sehr vielfältigen Land (ein kleines Europa mitten im grossen Europa) für ein demokratisches Europa leisten können, das die Menschenrechte und die Würde aller seiner Bürgerinnen und Buerger ernst nimmt und achtet.

Andreas Gross
Präsident der Delegation der Bundesversammlung in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Strassburg



Andreas Gross



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